Drei Lehren, die ich in meinen Jahren als Fotograf mit digitalen Kameras verinnerlicht habe, möchte ich heute unverbindlich teilen. Zunächst einmal: Es ist gut, so schnell wie möglich den reinen Programm- und Automatikmodus hinter sich zu lassen. Dann: Auch, wenn man mehrere Fotos pro Sekunde schießen kann, führt langsames, bewusstes Knipsen meist zum besseren Bild. Und schließlich: Grundsätzlich streben wir natürlich gern nach dem perfekten Bild – als Stilmittel bewusst eingesetzt führen Fehler aber oft zum spannenderen Ergebnis, das sich der Betrachter gerne länger anschaut.
Diese drei Erkenntnisse waren dann wohl auch der Grund, warum ich vor längerer Zeit schon ein wenig Geld in die Hand genommen habe, um in eine Antiquität zu investieren: Das Tokina RMC 1:2,8/24mm ist eine Weitwinkel-Festbrennweite, die gegen Ende des letzten Jahrhunderts, schätzungsweise irgendwann in den Achtzigern, auf den Markt gekommen ist. Wieviel sie damals gekostet hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Heute bekommt man sie für um die 50 Euro gebraucht im Internet, im Vergleich zu aktuellen Weitwinkel-Festbrennweiten ist sie also ein echtes Schnäppchen.
Der Haken an der Sache: Diese Objektiv ist eine klassische „Scherbe“, seine optischen Eigenschaften sind mehr als durchschnittlich, und schon zu seiner Zeit war es wohl berüchtigt dafür, bei Gegenlicht kräftige Lichtreflexe ins Bild zu hexen: Eine bessere Vergütung der einzelnen Linsen oder gleich ein paar Korrekturlinsen mehr hätten der Abbildungsqualität sicher gut getan, waren aber im Budget der Entwickler wohl nicht vorgesehen.
Das war dann wohl letztlich auch der Grund, aus dem ich mich für genau dieses Produkt entschieden habe: Ich wollte etwas Unvollkommenes, ich wollte die Möglichkeit haben, in meinen Bildern die Poesie des Fehlerhaften zu entdecken… Na gut, und der Preis eines modernen State-of-the-Art-Weitwinkels kam mir damals etwas hoch vor, das war vielleicht auch ein Argument.
Aber als ich neulich das Altglas nochmal an die Kamera geschraubt hatte, um für dieses Blog ein paar Testbilder zu schießen, da fiel es mir wieder auf: Irgendwie ist’s ja doch schön, sich beim Knipsen mal zu entschleunigen. Und irgendwie haben diese Lens Flares ja tatsächlich etwas sehr Poetisches.
Das ist dann wohl auch der Grund, warum ich die Tokina-Scherbe vermutlich noch eine Weile behalten (und gelegentlich auch einsetzen) werde: Beim Einfach-nur-Rumknipsen hilft sie mir, etwas langsamer zu machen (und dadurch besser sehen zu lernen), und wenn man die Flares bewusst als Stilmittel einsetzt, kommen dabei manchmal Fotos heraus, die durchaus spannend sind und auch vom technischen Aspekt her überzeugen können.
Die zeige ich dann vielleicht beim nächsten oder übernächsten Mal. Denn, ganz kurz auf den Punkt gebracht: Das Experimentieren mit analogen, manuell fokussierenden Linsen kann auch in digitalen Zeiten Freude machen. Und deshalb sollte man es immer wieder mal probieren, wenn man sich langfristig den Spaß an der Knipserei erhalten (und den eigenen Horizont erweitern) will.
Da sind schon schöne LensFlares dabei. An ein Anaolges Glas habe ich mich noch nicht getraut. Aber vielleicht kommt das noch! Toller Beitrag!
Nur zu! Angst vor „analogen Gläsern“ lohnt sich nicht – und die Einstiegspreise sind durchaus erschwinglich. Danke auch fürs liebe Kompliment… Freut mich sehr, wenn mein Stil gefällt!
Hello Nina.
Did you already send the picture? If you do, and if I like the picture, I will turn it into a piece of digital art. Would that be okay for you?