Demokratie ist alles

Schon wieder eine Woche, in der ich nur genau ein Foto machen wollte, um es hier zu zeigen. Und wieder zeigt es ein Plakat, das mir vor ein paar Tagen aufgefallen ist.

Schon im April waren mir Plakate aufgefallen, die dazu aufforderten, die Demokratie zu leben – auch von diesen Plakaten hatte ich Fotos gemacht und ein paar Gedanken dazu formuliert. Diesmal lautete die Aussage auf dem Plakat, das von Artikel eins e.V. an der Trambahn-Haltestelle Gerauer Straße in Frankfurt-Niederrad aufgehängt worden war: Demokratie ist alles.

Spontan möchte man da natürlich zustimmen, aber dann kommen Fragen auf: Und was ist mit Erdbeereis? Was ist mit Lindenblütenhonig? Was ist mit lauen Sommernächten am See mit den geliebten Menschen? Und dann kommt eine Formulierung in den Sinn: Demokratie ist vielleicht nicht alles, aber ohne Demokratie ist alles nichts.

Unser Problem: In letzter Zeit ist sie uns ein wenig fremd geworden, die Demokratie… Von Wahl zu Wahl sinkt die Beteiligung, und zwar nicht nur auf kommunaler und auf Landes-, sondern auch auf Bundesebene. Wenn ich davon höre, blutet mir jedes Mal das Herz. Liegt es vielleicht daran, dass viele meinen, ihre Stimmen werden nicht mehr gehört, sondern nur noch gezählt? Liegt es daran, dass viele glauben, ihre Stimme zählt nicht mehr, weil so viele andere viel lauter brüllen?

Zu den lauteren Stimmen gehört ja auch die von Sibylle Berg, die Ende April in ihrer Kolumne bedenkenswertes schrieb: Politisch engagieren kann man sich auch im eigenen Viertel, der öffentliche Raum fängt vor der Haustür an, so war bei ihr zu lesen. Und ich fand den Gedanken schon damals ziemlich gut und teilenswert.

Denn es ist doch so: Aus der Position eines einzelnen Bürgers Einfluss auf die internationale Politik zu nehmen, ist eine Sysiphosarbeit, die letztlich oft nur in Frust, Resignation und Enttäuschung enden kann. Gespräche mit Nachbarn sind da oft viel ergiebiger, und wenn man in der Nachbarschaft bemerkt, dass man etwas bewirkt, ist das Erfolgserlebnis viel direkter.

„Demokratie lebt vom Mitmachen“, so hat man früher wohl gesagt. Und es stimmt ja auch: Wie bei Olympia gilt auch bei der Demokratie, dass Dabeisein alles ist. Gerade im Wahljahr 2017 sollte man sich wünschen, dass möglichst viele Menschen das erkennen und die Demokratie neu beleben, nicht nur, indem sie am 24. September ihre Stimme abgeben (das natürlich auch!), sondern auch dadurch, dass sie sich eine Meinung bilden, diese in welcher Form auch immer äußern und gemeinsam im öffentlichen Diskurs der Regierung helfen, die bestmöglichen Antworten auch auf die kleinen, oft banal scheinenden Fragen unserer Zeit zu finden.

Autor: Thomas

Geboren im Frühjahr 1969, vermutlich als Teil des Manjurian Program jahrelang darauf trainiert, die USA im Ernstfall zu verteidigen. Bei einem Aufenthalt in Japan sensibilisiert worden für amerikanische, russische und japanische Kriegsverbrechen, jahrelang als "Ronin Warrior" zwischen Ost und West unterwegs. Super Soldier. Kriegsheld. Iron Man.

3 Gedanken zu „Demokratie ist alles“

    1. Vielen Dank fürs Lob, lieber Peter! Die SPON-Kolumnen sind tatsächlich manchmal etwas laut, aber (zumindest meiner Meinung nach) oft lesenswert… gelegentlich lasse ich mich echt gern von ihnen inspirieren, wenn’s um die Themensuche für mein eigenes Blog geht.

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