Langsam wird’s ja eine Tradition, dass ich hier über Plakate schreibe, die mir in der Stadt aufgefallen sind… Diese Woche war es eine Aktion der Verkehrsgesellschaft Frankfurt und des Straßenverkehrsamts, die mit großflächigen Plakaten meine Aufmerksamkeit erregte. Auf ihrem Blog informiert die VGF über den Hintergrund der Kampagne, die sich vor allem an Intensivnutzer von Mobiltelefonen im Straßenverkehr richtet: Sie sollen dazu angehalten werden, die Aufmerksamkeit vom Display ab- und dem Verkehr zuzuwenden.
Unter anderem berichten auch Frankfurter Rundschau, Frankfurter Neue Presse und Hessenschau über die Aktion, die ganz bewusst provokant bis schockierend ist, um Aufmerksamkeit für ein Problem zu schaffen, das vielen im Alltag nicht so bewusst sein mag: Handys lenken vom Verkehr ab, wenn man sie auf der Straße nutzt.
Das Problem, das ich bei der Kampagne wahrgenommen habe, hatte mit Handys weniger zu tun als mit den Menschen, die die Handys nutzen – oder auch nicht: Suizidgedanken sind ein Phänomen, das sicherlich nicht jeden betrifft, das den Betroffenen allerdings schwer zu schaffen machen kann. Es kann sein, dass ich mich täusche, aber mein spontanes Bauchgefühl beim Betrachten der Plakate war, dass sie bei entsprechender Veranlagung die Suizidalität verstärken können.
Aber was weiß ich schon? Im Zweifel gibt es hier und hier Links zu Netzwerken, die sich mit Suizidprävention besser auskennen und die vielleicht eher bewerten können, inwieweit die sicher gut gemeinte Kampagne auch wirklich gut gemacht ist. Risiken und Nebenwirkungen von Werbung zu bewerten ist nicht meine Aufgabe.
Zum Schluss der obligatorische Hinweis: Sollte dieser Text Menschen erreichen, deren Gedanken aktuell um Suizid kreisen, bietet sich als erste Maßnahme zum Beispiel ein kostenfreier Anruf bei der Telefonseelsorge an. Merke: Reden hilft. Und keiner sollte es nötig haben, mit seinen düsteren Gedanken ganz allein zu sein.
Reichlich aggressiv, diese Werbung. Als Designerin würde mich noch interessieren, welche Farben die im Original haben? Wenn da Rot dabei ist, muss ich schreien. (Eben gegoogelt – eben geschrieen).
Ob meine Stadt da cleverer ist, könnte man diskutieren: An einer Haltestelle haben wir am Boden eingelassene Spots, die blinken, wenn die Tram einfährt. Anfangs fand ich das bevormundend bis dämlich-amüsant, im Vergleich zu der Werbung aber doch sympathischer. Nur kosten solche Spots vermutlich ein klein wenig mehr als ein paar Plakate 😉
Die Idee mit den blinkenden Spots klingt natürlich charmant… aber es stimmt schon, diese Technik muss sich eine Stadt erst einmal leisten können.
Immerhin: Ich unterstelle unserem Nahverkehrsträger, dass die Kampagne zumindest mal gut gemeint war – und immerhin regt sie ja eine Diskussion über Sinn und Unsinn dieser Art von Aufmerksamkeitserregern an. Insofern: Ziel erreicht? Und ich selbst hatte zumindest wieder einen Aufhänger für einen Blogbeitrag. Also doch: Alles richtig gemacht. 😉